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Wir solidarisieren uns mit dem Kampf der Zivilklauselunterstützer_Innen in Bremen

18. August 2011

Bremen. Ein gutes Beispiel für die Schwierigkeiten mit existierenden Zivilklauseln bietet die Universität Bremen, die, gegründet in den Siebzigern, schon von Anfang an progressiven DozentInnen und Studierenden eine intellektuelle Heimat bot. Hier konnte 1986 schon eine Zivilklausel durchgesetzt werden, die aber seit einigen Jahren immer wieder missachtet wird und jetzt in ihrer alten Form auf dem Prüfstand steht; von oberster Stelle der Verwaltung ließ man verlauten, sie harre in ihrer jetzigen Form einer Aktualisierung und solle sich den Entwicklungen der letzten 25 Jahre anpassen. Dass hierbei womöglich die wieder gestiegene Anzahl von Angriffskriegen hegemonialer Staaten und die globale Aufrüstung, als auch der mittlerweile dritte Platz Deutschlands bei den weltgrößten Waffenexporten gemeint sein könnte, scheint nahe zu liegen. Wo kurz nach dem zweiten Weltkrieg ein gewisser Stahlhelm CDUler Herr Franz Josef Strauß noch zu heucheln wusste, dass jedem Deutschen, der noch mal eine Waffe in die Hand nehmen sollte, dieselbe abfaulen solle, so gilt jetzt, dass Deutschlands Sicherheit(oder mittlerweile auch ganz offen propagiert, wirtschaftliche Interessen) überall auf der Welt verteidigt werden sollten, wobei man ganz nebenbei noch die eigene Auffassung von Demokratie und Menschenrechten exportieren darf.
Jüngster Affront gegen die Zivilklausel in Bremen ist die bereits mehrere Monate andauernde Diskussion um eine Stiftungsprofessur der Bremer OHB AG, einem Unternehmen, dass vor kurzem noch einen 2 Millionen Auftrag von der Bundeswehr erhalten hat und somit, wenn auch entgegen dem Selbstverständnis, durchaus als Rüstungskonzern verstanden werden darf. Entwickelt werden z.B. Empfängerstationen für Satellitensignale, meist für Spionagesatelliten von Bundeswehr und BND. Obgleich sich die OHB AG laut offiziellen Aussagen verbietet, Einfluss auf die Lehre nehmen zu wollen und die Professur nach den Auswahlkriterien der Universität besetzten zu lassen, steht doch außer Frage, dass die Verquickungen und das Anbiedern des Konzerns an die Bundeswehr  mit den prinzipiellen Bestimmungen der Zivilklausel und dem ursprünglich intendierten normativen Ansprüchen zuwiderläuft.
Der Widerspruch kam bereits kurz nach Ankündigung der Stiftungsprofessur von über 60 DozentInnen und Ehemaligen der Universität im Februar diesen Jahres, die sich gegen eine von solchen Drittmittelgebern finanzierte Lehre stemmten…bis heute hat die Universität es nicht geschafft, die Zweifel an dem Projekt aus dem Weg zu räumen und hadert mit sich: Soll man zugunsten der Stiftungsgelder fer Familie Fuchs, in deren Besitz sich die Firma befindet, die „veraltete“ Zivilklausel aufgeben? Der Standpunkt der OHB ist klar: Entweder die Zivilklausel fällt, oder wird anderes ausgelegt(was sie überflüssig machen würde) oder das Unternehmen zieht sich aus der Stiftungsprofessur zurück, die auch zum Teil durch das deutsche Luftfahrtszentrum unterstüzt wird. Pointiert bedeutet dies, dass es für die unterfinanzierte Universität darum geht, entweder unter fadenscheinigen Vorzeichen die Zivilklausel aufzugeben und sich so dem Diktat des Konzerns zu beugen oder gezwungen zu sein, auf eine ganze Professur zu verzichten.
Wie dieses aktuelle Exempel zeigt, ist die Forderung nach der Durchsetzung einer Zivilklausel an Universitäten ist kein Selbstzweck. Die Widersprüche, die sich an dieser Stelle auftun, implizieren auch eine gleichzeitige Kritik an der Finanzierung von Bildungseinrichtungen, denn der Zwang sogenannte kommerzielle Drittmittel einwerben zu müssen, beziehungsweise jahrelange moralische Verpflichtungen finanziellen „Sachzwängen“ „alternativlos“ aufzuopfern, zeigt, wie die eine Forderung unabdingbar mit der anderen verbunden ist. Welche Universität wäre genötigt einen ALDI-Campus aufbauen zu lassen, wenn die Finanzierung gesichert wäre? Welche Universität müsste sich die Ergebnisse einer Forschungsarbeit, die unter ihrem Dach geleistet wurde, von Gutachtern privater Unternehmen „genehmigen“ lassen, wenn genug Geld für Projekte da wäre? Schlussendlich: Welche Universität müsste ihre Selbstverpflichtung zu ziviler, gar friedensgerichteter Forschung und Lehre aufgeben und sich Rüstungskonzernen anbiedern, die die intellektuelle Arbeitskraft junger Menschen für ihren Profit und die Herstellung immer neuer Kriegs und Kriegsunterstützender Mittel ausnutzen, wenn das Voranbringen eigener, vor der Zweckentfremdung durch Bundeswehr und Rüstungsindustrie und kruder Profitmaximierung geschützter Ideen solide finanziert werden könnte? Angesichts von Bremen, Karlsruhe und Berlin, darf man auch in Gießen nicht ruhig bleiben und sich vorbeugend für eine Zivilklausel stark machen, die weitere politische Forderungen beinhaltet: Solide Finanzierung des Bildungswesens und der Verbot von kommerziellen Drittmitteln von OHB, Deutsche Bank und Co!

Mitteilung des AStA Bremen

Artikel in der Jungen Welt

Artikel in Spiegel Online

Artikel im Weser Kurier, in dem behauptet wird, es bestünde ein Recht darauf, dass die OHB im Rahmen der Stiftungsreglementes die Auflösung der Zivilklausel fordere

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